(Ewigkeit Sonntag)
Daniel 12, 1 - 3
Liebe Gemeinde, ich möchte heute die Predigt mit einigen persönlichen Sätzen anfangen. Die meiste von uns, die heute zusammen diesen Gottesdienst feiern, haben in ihrem Leben oder in ihren Erinnerungen Menschen die nicht mehr leben. Es kann sein, dass wir es als sehr schwierig erlebt haben, einen geliebten Menschen zu verlieren. Wahrscheinlich haben wir bis heute den Stachel des Todes (wie der Apostel Paulos geschrieben hat) noch lebendig in unseren Erinnerungen. In der Zeit der Trübsal verspricht der heutige Predigttext Rettung: „Und viele, die im Staub der Erde schlafen, werden aufwachen“, „Und die Verständigen werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“
Liebe Gemeinde, wir hoffen, dass unsere Verstorbenen noch mit uns durch die Gemeinschaft der Heiligen verbunden sind. Das ist es, was wir im Apostolischen Glaubensbekenntnis sagen. „Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen.“ Wir glauben, dass diese Gemeinschaft nicht nur die Lebenden, sondern auch die Verstorbenen umfasst. Obwohl wir uns manchmal fragen: warum wurde ein uns lieber Mensch aus dem Leben gerissen? Wenn wir aber über diese Frage noch etwas tiefer denken, nämlich wenn wir über dem Tod unseren Geliebten denken, werden wir in unserem Herzen eine Erleuchtung erfahren, die uns tröstet und uns ermöglicht in unserem Leben voranzukommen und den Tod nicht nur als Ende wahrzunehmen. Irgendwie hat der Tod selbst eine heilsame Kraft trotz alle Schmerzen und Leid die er verursacht. Wenn wir uns heute an einen Menschen erinnern, der zu Tode gekommen ist, merken wir, dass hauptsächlich die guten Werke und Worte des Menschen uns in den Sinn kommen. Irgendwie lassen wir die schlechten Erfahrungen die mit dem Verstorbenen in unseren Erinnerungen verbunden waren weg und das ist genau die heilsame Kraft des Todes. Mit dem Tod vergehen die dunklen Seiten des Lebens und der Mensch leuchtet „wie des Himmels Glanz“ und „wie die Sterne immer und ewiglich“. Obwohl ich es manchmal schade finde, dass wir es nicht schaffen den anderen Menschen während ihres Lebens ihre Schulden zu vergeben; eine Leistung die nur der Tod bedauerlich vollziehen kann.
Der Tod ist weiterhin das Ende der körperlichen Schmerzen und des menschlichen Leids. In einigen Situationen scheint der Tod als eine Erleichterung zu sein. Das ist so besonders wenn wir glauben, dass der Mensch nicht nur eine biologische Realität oder eine sinnlose Existenz in der Welt ist, sondern wir glaube und hoffen, dass zur menschlichen Realität auch eine göttliche oder himmlische Bedeutung gehört. Ich würde nicht zögern zu sagen, dass zu jedem Menschen eine himmlisch-spirituale Bedeutung gehört, obwohl er unbekümmert darüber sein ganzes Leben gelebt haben konnte. Das ist, liebe Gemeinde, unsere Hoffnung. Wir hoffen, dass durch den Tod der Mensch die Erfüllung seine menschliche Realität erreicht. Diese Erfüllung des Menschseins kann sich nie in der Welt ereignen. In der Welt bleibt die menschliche Freiheit und Verantwortung begrenzt. Hier sind wir die meiste Zeit die Opfer der weltlichen Grenzen und unseres eigensüchtigen Selbst. In diesem Sinne ist der Tod eine Befreiung von allen Grenzen und von der Endlichkeit unserer Existenz. Hier, in der Welt, schaffen wir es nicht immer die anderen Menschen zu lieben, ihnen zu helfen, und ihnen Vergebung und Mitgefühl zu schenken. Das haben auch wahrscheinlich unsere geliebten Menschen nicht geschafft. Trotzdem blicken wir sehnsüchtig auf Jesus und hoffen, dass unsere Geliebten durch Jesus errettet und mit ihm auferstehen werden. Das heißt, dass die drei Verheißungen, die in den heutigen Predigttext stehen, nämlich Rettung, Aufwachen zum ewigen Leben und wie die Sterne im Himmel zu leuchten, können nur in und durch Jesus verwirklicht werden. Die Verheißungen des Alten Testaments bleiben unvollständig und nur in dem freiwilligen Tod Jesu erreichen sie ihre Vollendung. Warum sagen wir, dass nur durch Jesus der Mensch errettet werden kann? Das ist so weil durch seinen freiwilligen Tod hat Jesus alle Grenzen und alle Endlichkeit bewältigt. Die Schwäche die wir alle teilen, das eigensüchtige Selbst welches Opfer wir alle sind, auch die Verstorbenen, hat Jesus durch seinen Tod bewältigt. Seine Liebe war grenzenlos und seine Vergebung hat alle Menschen einbezogen auch die die ihm gekreuzigt haben. In Jesus erfahren wir die Kraft der Liebe, der Glanz der Freiheit und die Heilung des Todes. Das ist die Bedeutung des liturgischen Lieds zu Ostern: „Christus ist auferstanden von den Toten, mit Seinem Tod hat Er den Tod besiegt, und denen, die in den Gräbern waren, das Leben geschenkt.“
Auf diese Weise sagen wir, nur wenn der Mensch den Tod akzeptiert, den Tod eines anderen Menschen sowie seinen eigenen Tod, dann erfährt er die versprochene Rettung. Das heißt, dass nur wenn der Mensch akzeptiert, dass er auch sterben wird erfährt er das ewige Leben; nämlich einen Funken der Ewigkeit in der Welt hier und jetzt. Ich weiß, dass was ich sage schwierig ist. Jesus hat den Tod akzeptiert. Er hat keine Kompromisse geschlossen. Wenn wir Jesus auf dem Weg folgen, werden wir auch leuchten, nicht nur nach unserem Tod, sondern auch während unseres Lebens. Wir werden wie des Himmels Glanz, wie die Sterne immer und ewig leuchten.
Liebe Gemeinde, können wir heute den Tod nicht als Ende, sondern auch als einen neuen Anfang wahrnehmen, als einen Weg der zum Leben und zur Hoffnung führt? Können wir heute vertrauen, dass unsere Verbindung zu unseren Verstorbenen nicht abgerissen wird, sondern sie werden immer für unser Leben eine Bedeutung haben; eine Bedeutung welche besonders in den dunkelsten Teilen unseres Alltags immer noch leuchten wird? Dann werden wir auch glauben, dass die die im Staub der Erde schlafen zum ewigen Leben aufwachen. Jesus hat gesagt: „Auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.“ … „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16, 22, 33) Amen.
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Unser Gott und Vater
Du bist unser Schöpfer und unser Wohltäter
Du hast uns bereitet und gebildet
Du kennst uns besser als wir uns selbst kennen.
Du hast uns das Leben geschenkt
Und wir können nur dafür dankbar sein.
Du kannst auch durch den Tod neues Leben schaffen.
Du kannst unsere Furcht und Angst in Frieden und Freude verwandeln.
Herr, wir bitten dich, dass du die Erinnerung an unsere Verstorbenen mit dem Advent, deinem Kommen und deiner Ankunft verbindest.
Hilf uns heute zu sehen, dass das Leben ohne Tod unmöglich ist,
und, dass die Auferstehung ohne das Kreuz unvorstellbar wäre.
Hilf uns Herr, dass wir unser Kreuz tragen
und, dass wir unser Leid und unseren Schmerz in deine Hände geben.
Stärke uns heute in unserem Glauben
und gib uns die Kraft, die wir für das Leben brauchen. Amen.
Sylvie Avakian
26.11.2017