Mit festem Herzen

Mit festem Herzen

 

(Hebräer 13,8-9)

 

„Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.

Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade, nicht durch Speisegebote, von denen keinen Nutzen haben, die danach leben.“

 

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Liebe Gemeinde, heute am letzten Abend dieses Jahres sind wir eingeladen mit festem Herzen ins neue Jahr zu gehen. Was bedeutet es denn, dass wir mit festem Herzen leben und auch ins neue Jahr gehen sollen?

Soll dies bedeuten, dass wir Vieles was wir im vergangenen Jahr im Besitz hatten und genossen haben, dass wir dieses mitnehmen müssen? Würde „ein festes Herz“ implizieren, dass wir unsere Meinungen und Überzeugungen festhalten müssen, sodass diese unveränderlich bleiben? Oder, würde „ein festes Herz“ erfordern, dass wir in der Zeit der Not und des Leids keine Hilfe und Unterstützung von anderen erwarten?

 

Im heutigen Predigttext sind uns Hinweise gegeben um es uns vorstellen zu können, was unter „festem Herzen“ zu verstehen ist. Bevor wir zum Predigttext kommen möchte ich noch einige Verse aus dem Psalm 46 vorlesen:

 

Gott ist unsre Zuversicht und Stärke,

eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.

Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge

und die Berge mitten ins Meer sänken,

wenngleich das Meer wütete und wallte

und von seinem Ungestüm die Berge einfielen.

Dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig bleiben

mit ihren Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind.

Gott ist bei ihr drinnen, darum wird sie fest bleiben;

 Gott hilft ihr früh am Morgen.

 

Liebe Gemeinde, was schon hier bemerkt werden soll ist die Hauptbehauptung dieses Psalms: Gott ist unsre Zuversicht und Stärke. Gott gibt uns nichts anders als sich selbst und Gottes Sein mit uns. Daher ist hier nicht gemeint, dass wir unsere Zuversicht und Hilfe in anderen Dingen als in Gott suchen und finden sollen. Gott selbst ist unsere Zuversicht und unsere Stärke, auch wenn uns viele Dinge fehlen. Auch wenn uns die Kraft fehlt, auch wenn wir nicht genug gesund sind etwas zu tun, oder, wenn uns die lieben Menschen fehlen, die uns trösten und unterstützen, Gott ist und bleibt unsre Zuversicht und Stärke. Wie können wir aber diese Stärke und Zuversicht in unserem Leben empfangen, erfahren, fühlen? In der Apostelgeschichte lesen wir, dass die Menschen „Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten“ und, dass Gott „nicht ferne von einem jeden unter uns“ ist. „Denn in ihm leben, weben und sind wir“ (Apg. 17,27-28). Liebe Gemeinde, Gott ist nicht ferne von uns und wir leben, weben und sind in Gott. Wir müssen nur Gott suchen und wir werden ihn finden können. So verstehe ich auch das Wort „Gnade“ in dem Satz im Hebräer Brief: „(dass) euer Herz durch Gnade gefestigt wird“ (Basis Bibel). Das heißt, ich muss nichts „tun“, ich muss keine Forderungen erfüllen um Gott in meinem Leben empfangen oder gewinnen zu können. Selbst wenn ich es nicht verdiene, kommt Gott zu mir. Das einzige was ich tun kann ist, dass ich mich auf die Suche mache sodass ich Gott finde, und Gott wird dann wahrhaftig meine Zuversicht und Stärke sein.

 

Ein festes Herz ist dann, liebe Gemeinde, das Herz, das in Gott seine Zuversicht und Stärke findet und in Gott allein gegründet ist und auch verwurzelt, denn nur Gott macht das Herz fest.

 

Heute, liebe Gemeinde, wenn wir uns auf der Schwelle des neuen Jahres befinden, merken wir, dass Vieles in unserem Leben sich geändert hat. In unserem Leben als Familie hat sich auch vieles Neues ergibt. Seit Ende August sind wir hier in einem neuen Ort und in einer neuen Gemeinde eingezogen. Für mich ist Dettingen der 10. Wohnsitz, den ich in meinem Leben gehabt habe. Mit jedem Weggang von einem Ort lässt man Menschen hinter sich und begegnet neuen Herausforderungen, neuen Horizonten und lernt, neue Hindernisse zu überwinden. Viele von uns haben sich von lieben Menschen im letzten Jahr getrennt oder trennen müssen. Diese Menschen sind nicht mehr da im Neuen. Die jüngere Generation trifft immer wieder auf neue Herausforderungen in der Schule, Universität oder Ausbildung, genauso aber auch die ältere Generation, die sich mit neuen Umständen immer wieder abfinden muss. Auch die soziopolitischen Umstände unseres Landes aber auch der vielen anderen Länder ändern sich. Viele Menschen in der Welt leiden auch heute an so einem feierlichen Tag unter Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Gewalt. Mit so vielen Schwankungen und Umbrüchen im Leben kann man sich kaum was Festes vorstellen. Menschen müssen sich immer wieder verwandeln lassen um sich an das Neue zu gewöhnen und mit den aktuellen Umständen zurechtzukommen. Wie schaffen wir all dies im neuen Jahr? Was ändert sich und was bleibt? Was muss ich loslassen und was festhalten und bewahren? Liebe Gemeinde, wir müssen uns nicht vor Veränderungen im Leben fürchten. Änderungen gehören zum Leben auch wenn sie oft nicht einfach sind. Wir müssen es eingestehen, dass der Mensch allein in die Welt kommt und allein aus dieser Welt scheidet. Daher liebe Gemeinde, fürchtet euch nicht vor Veränderungen, denn wir sollen für jeden neuen Anfang nur das Wesentliche bewahren und behalten. Und damit werden wir für das Bleibende und das Unabänderliche vorbereitet. Das Wesentliche ist es, das Bleibende; das ist es was unsere Herzen fest macht. Dies ist in unserem heutigen Text beschrieben:

 

„Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.“.

 

Wie ist es, dass Jesus Christus derselbe bleibt? Wir wissen, dass er als kleines Kind in unserer Welt geboren wurde. Wie wir, ist auch er den Herausforderungen des Lebens begegnet und hat unter den soziopolitischen Umständen gelitten. Die Umstände auch seines Lebens haben sich immer wieder geändert, seine innere Wahrheit blieb und bleibt aber für immer dieselbe. Diese Wahrheit ist die Wahrheit Gottes, welche das Evangelium bezeugt: dass Gott mit den Menschen ist. Diese Wahrheit hat Jesus durch sein Leben und Tod verkündet und wurde uns durch die Geschichte der Geburt, des Lebens und des Todes Jesu Christi offenbart: Gott ist mit uns. Gott ist mit uns in allen unterschiedlichen und veränderlichen Situationen des Lebens und das ist die Basis und die Grundlage unseres festen Herzens.

 

„Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.“ (Offenbarung 3,20)

 

Liebe Gemeinde, Jesus Christus ist derselbe gestern heute und in Ewigkeit. Er steht vor der Tür unseres Herzens und klopft an. Er ruft uns an jedem Tag neu. Er ruft uns in allen unsren verschiedenen Lebenssituationen. Seine Worte und seine Stimme aber ändern sich nicht. Wenn wir seine Stimme hören, sollen wir die Türe unseres Herzens weit öffnen, sodass er zu uns kommt und mit uns das Abendmahl hält und wir mit ihm. Daher wollen wir heute am Ende dieses Jahres miteinander das Abendmahl feiern. Wir wollen Jesus Christus auch unter uns sehen. Wir wollen ihn in den anderen Menschen begegnen. Wir wollen heute auf einiges verzichten sodass wir für Jesus aber auch für den Anderen in unserem Leben Raum schaffen.

In diesem Sinne ist Gott wahrhaftig unsere Stärke und unsere Zuversicht. Alles andere vergeht, er aber bleibt ewiglich. In Gott finden wir den Frieden, den uns die Welt nicht geben kann, den Frieden, den die Welt aber braucht, sodass Menschen nicht mehr die Opfer der ungerechten soziopolitischen Systeme werden. Darum singen wir am Ende dieses Gottesdienstes und beten wir mit den Worten der Liedstrophe von Martin Luther: Verleih uns Frieden gnädiglich. Das Lied, das Luther 1529 als Nachdichtung der gregorianischen Antiphon verfasste, ist ein Gebet um sozio-politischen Frieden in der Welt. Der erwünschte Frieden ist als Ergebnis eines Kampfes beschrieben, den nur Gott für uns führen kann. An diesem Abend beten wir mit Luther für die kommenden Zeiten und für das Jahr, das vor uns steht, für alles was uns schwerfällt, für alle neue Anfänge und Verwandlungen im Leben und bitten Gott um Frieden:

 

„Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten. Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du, unser Gott, alleine.“ Amen.