„Lass es jetzt zu!“

„Lass es jetzt zu!“

 

(Matthäus 3,13-17)

 

 

"Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, dass er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir? Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt zu! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er's ihm zu.

 

Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser. Und siehe, da tat sich ihm der Himmel auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe."

 

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Liebe Gemeinde, vor einigen Wochen habe ich über Gottes „ja“ für uns gepredigt. Heute ist die Zeit, dass wir über unser „ja“ für Gott nachdenken.

 

In den wichtigsten Stationen unseres Lebens haben wir „ja“ gesagt. Von den vielen Gelegenheiten das „Ja“ Wort zu sprechen gab es wahrscheinlich einige, bei denen wir mit voller Überzeugung das Wort gesprochen haben. Auch gab es einige Anlässe, in die wir hineingezwungen wurden und nicht mit ganzer Überzeugung das „ja“ gesagt haben. Mir scheint, dass die „ja“ Worte, die wir bewusst, ganz und gar gemeint haben, bleiben, die Anderen vergehen oder ändern sich mit der Zeit. Damit meine ich, dass die „ja“ Worte, die wir von Herzen gesprochen haben, eine unendliche Wirkung auf uns haben, aber auch auf diejenigen, die mit unserem „Ja“ Wort verbunden waren und sind. Das Wort „ja“ ist so ein erstaunliches Wort, welches viel mehr bedeutet als die einfache Zusage für eine bestimmte Frage, mehr als ein Versprechen oder eine Unterschrift. Mit dem „Ja“ Wort schwingt etwas Unbegreifbares und Unverfügbares mit und damit wird nicht nur das was ist bejaht, sondern auch das was kommt. Mit dem „Ja“ Wort ist oft ein lebenslanger Einsatz und eine unbegrenzte Hingabe verbunden. Manchmal ist es auch nicht notwendig, dass man das „ja“ Wort spricht, da das Wort nur als Zeichen für das was unbegreifbar und unbeschreiblich ist, steht. So ist auch Gottes Kommen zu uns und Gottes selbstgebende Liebe. Gott braucht nicht das Wort „ja“ zu sprechen, wir können aber vertrauen, dass Gott für uns immer und nur ein „Ja“ Wort ist, ein bedingungsloses „ja“. Das bedeutet, dass wann immer wir uns an Gott wenden wir auch seine Antwort wissen. Ist Gott für uns da? „Ja“. Vergibt er uns? „Ja“. Geht er mit uns auch in den schwierigen Zeiten? „Ja“. Die Antwort Gottes erfahren wir aber nur, wenn wir uns an Gott wenden, sonst schaffen wir es nicht ihn zu hören.

 

Zu was aber sollen wir „ja“ sagen? Das „ja“ Wort hören wir hier in der Gemeinde während Taufen, Konfirmationen und Trauungen. Damit sagen Menschen „ja“ für ihr Leben, ihre Kinder und Partner. Im Grunde ist jedes „ja“ Wort ein „ja“ für Gott, denn wir verdanken Gott unser Leben, und das Leben unserer Kinder und unserer Partner. Daher sagen wir, liebe Gemeinde, dass jedes „ja“ für Etwas Gutes, jedes ja für die Menschen, für das Leben, jedes ja für eine gerechte Gesellschaft, für eine gute Zukunft ist ein ja für Gott. Manchmal denken wir aber, dass die Kirche etwas anderes ist; irgendwie etwas Besonderes, von der Welt Getrenntes. Und mit der Zeit der Moderne und der Postmoderne stehen die Menschen immer wieder vor der Frage, ob es wirklich Sinn macht sich mit der Kirche zu mischen. Heute, liebe Gemeinde, möchte ich die Kirche als das „ja“ Wort für den Menschen, für alles was gut ist, sehen. Die Kirche ist nichts anderes als das Gute, nach welchem wir alle streben. Was gut ist für die Menschen ist auch gut für Gott und was gut ist für Gott ist auch gut für die Menschen. Genauer gesehen ist die Kirche nichts anderes als Gottes vorausgehendes „ja“ für diese Welt und die menschliche Erwiderung darauf. Gott kommt zu uns und wir sagen: Ja Gott, komm. In diesem Sinne lebt die Kirche und besteht aus dem menschlichen „ja“ Wort für Gott und für einander.

 

Zu jedem „ja“ Wort ist eine lebenslange Verantwortung und Hingabe, ein lebenslanger Auftrag verbunden. Ein „ja“ Wort ist demzufolge eine Selbstverpflichtung, die im Wesentlichen nicht endet und die in der Zeit der Not und der Krise besonders herausgefordert wird. Auch wenn die Zeit eines bestimmten Einsatzes endet, wie die Zeit des Dienstes eines KGR-Glieds, die Verbundenheit mit der Kirche nicht endet. Beispiele dafür gibt es bereits heute unter uns, deren Bescheidenheit mir nicht erlaubt, ihre Namen zu nennen.

 

Erst vor knapp drei Wochen haben wir die Geburt Jesu gefeiert. In der Geschichte der Geburt Jesu steht Maria für das menschliche „ja“ für Gott. Maria steht für die Reinheit und die Treuherzigkeit des Menschen; die Reinheit, die das Kommen Gottes bereitwillig bejaht und ermöglicht. Daher sind wir auch herausgefordert Gott mit reinem und offenem Herz zu empfangen. Wir sind herausgefordert eine offene Gesellschaft und eine offene Kirche zu sein, sodass das Kommen Gottes in uns und unter uns geschieht. Nach der Geschichte der Geburt Jesu steht im Matthäus Evangelium, schon im dritten Kapitel, die Erzählung der Taufe Jesu, die wir heute am 1.Sonntag nach Epiphanias gelesen haben. In seinem Leben hat Jesus auch immer wieder „ja“ gesagt. Er hat „ja“ gesagt zu Gott, und zur Welt und zum Leben, zur Gerechtigkeit, zur Liebe und Barmherzigkeit. In diesem Sinne ist jede Geschichte der Krankenheilungen Jesu eine Bejahungsgeschichte, jede Gelegenheit zum Lehren eine Gelegenheit um „ja“ zu sagen. Zwei von Jesu „ja“ Worte sind aber ganz besonders. Das erste hat er bei seiner Taufe gesagt. Als er zu Johannes kam, um sich von ihm taufen zu lassen. Johannes aber „wehrte ihm und sprach: Ich bedarf dessen, dass ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?“ „Jesus antwortete und sprach zu ihm: Lass es jetzt zu! Denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.“ Manchmal ist das „ja“ Wort von menschlichem Verstande unerklärbar. Das wurde auch oben erwähnt, nämlich, dass mit dem „Ja“ Wort etwas Unbegreifbares schwingt, etwas das jenseits der rechnerischen, geschichtlichen und rechtlichen Maßnahmen des Menschen ist. Jesus hat mit Johannes nicht disputiert wer das Recht um den Anderen zu taufen hat. Auch wenn er im Herzen wusste, dass Johannes ihm nicht vieles anzubieten hat und dass eher Johannes sich von ihm taufen lassen sollte. Er hat einfach „ja“ gesagt. Das ist auch immer so. Gott kommt zu den Menschen sodass der Mensch auch zu Gott kommen kann. Johannes war nicht derjenige, der zu Jesus ging um sich von ihm taufen zu lassen, sondern Jesus kam zu ihm. Auch die Jünger Jesu waren nicht diejenige, die Jesus erst fanden, sondern Jesus ging zu ihnen, rief sie und wählte sie als seine Jünger aus.

 

Oft sind wir auch herausgefordert nicht alles rechnerisch zu sehen, sondern einfach „ja“ zu sagen, nämlich es zuzulassen auch wenn wir wissen, dass wir für unser „ja“ den Preis bezahlen werden. Jesu „Ja“ für die Taufe hat den Anfang seines Auftrags gezeichnet, einen Auftrag der mit einem letztem „ja“ in Gethsemane gekrönt wurde. Im Kapitel 26 des Matthäus Evangeliums lesen wir, dass er in Gethsemane betete und sprach: „Mein Vater, ist's nicht möglich, dass dieser Kelch vorübergehe, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille!“ (Matt.26, 42). Das Wort „ja“ bringt auch die Gefahr mit sich, dass wir dafür den Preis bezahlen müssen.

 

In beiden Ereignissen, als Jesus das „ja“ für seine Taufe an den Jordan und in Gethsemane für sein Tod gesprochen hat, lesen wir, dass Gott in einer besonderen Art und Weise Jesus bestärkt hat. „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Gottes Kommen zu uns und unsere Antwort für Gott macht uns zu den Söhnen und Töchtern Gottes und wir können Gott vertrauen und uns von Gott bestärken und trösten lassen.

 

Heute wird der neugewählte Kirchengemeinderat eingesetzt. Sieben Mitglieder der Gemeinde setzen sich für sechs Jahre Dienst ein. Wir wünschen allen Gottes Segen und Gottes Dasein: in allen schwierigen Zeiten Gottes Geleit und das Vertrauen, dass Gott in allen unseren Lebenswegen mit uns geht. Ich möchte mit den Worten des Psalm 141 schließen, ein Gebet, durch welches wir uns immer an Gott wenden können:

 

„Herr, ich rufe zu dir, eile zu mir;

 

vernimm meine Stimme, wenn ich dich anrufe.

 

Mein Gebet möge vor dir gelten als ein Räucheropfer,

 

das Aufheben meiner Hände als ein Abendopfer.“ Amen.