Gott, die Wolke und die Musik

Gott, die Wolke und die Musik

 

(2.Chronik 5,12 - 6,2)

 

 

 

Der heutige Predigttext beschreibt die Tempelweihe als eine festliche Zeremonie in der Zeit des jüdischen Königs Salomo. Der König versammelt die Ältesten von Israel und alle Obersten des Volkes nach Jerusalem zu sich um die Lade des Bundes aus Zion nach Jerusalem im Tempel heraufzubringen. (siehe 1.Könige 8,53-61). Dies war der erste Tempel der Juden in Jerusalem, der vom König Salomo erbaut wurde. Bis zu dieser Zeit hatten die Israeliten keinen Tempel und durch die Geschichte des Volkes Israel hindurch lesen wir, dass Gott das Volk immer begleitet hat, manchmal lesen wir, dass Gott als Feuer den Menschen erschien und manchmal durch Rauch und Wolken. Das Feuer wurde z.B. in der Geschichte Moses als Symbol der Gegenwart Gottes beschrieben. Gott wird natürlich im Feuer als leuchtend dargestellt, aber zugleich als unnahbar, denn der Mensch schafft es ja nicht sich dem Feuer ganz zu nähern. So ähnlich ist Gott im Rauch, oder in der Wolke, wir sehen die Wolke und so wird Gott als ersichtlich beschrieben, aber doch verhüllt, denn durch die Wolke wird nichts begreifbar und nichts unverkennbar sein.

 

Und so ist auch im heutigen Predigttext beschrieben, dass alle Männer Israels sich zur Feier der Tempelweihe und der Platzierung der Lade des Bunds im Tempel beim König versammelten. Sie sangen miteinander, bliesen ihre Trompeten—was wir heute natürlich nicht machen dürfen :)—und lobten Gott. Ich lese weiter aus dem zweiten Buch der Chronik, Kapitel 5 und 6:

 

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„und alle Leviten, die Sänger waren, nämlich Asaf, Heman und Jedutun und ihre Söhne und Brüder, angetan mit feiner Leinwand, standen östlich vom Altar mit Zimbeln, Psaltern und Harfen und bei ihnen hundertzwanzig Priester, die mit Trompeten bliesen. Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, als das Haus des Herrn, sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes. Da sprach Salomo: Der Herr hat gesagt, er wolle im Dunkel wohnen. So habe ich nun ein Haus gebaut dir zur Wohnung und einen Sitz, da du ewiglich wohnest.“

 

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Wie wir eben gehört haben, als die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele sich erhob, wurde das Haus mit einer Wolke erfüllt. Und wir sollen nicht vergessen; die Wolke steht hier für Gott. Irgendwas ganz Besonderes und Schönes steckt in diesem Bild. Ich möchte heute dies in einfachen Worten sagen. Mit der Musik und durch die Musik ist Gott ganz nahe bei uns. Die Musik hat irgendwie eine zaubernde Kraft, eine Reinigungskraft. Sie berührt uns in den tiefsten Empfindungen und Gefühlen unseres Herzens. Durch sie werden wir erhoben, nach oben gezogen. Ich würde heute sagen, Musik ist die Sprache des Himmels, des Unsagbaren, Musik ist das Gebet des Herzens, auch ohne Worte, die Melodie unseres Lebens. Musik, wann immer sie zu uns kommt ist dies unbedingt ein Ereignis des Lob Gottes. Mit der Musik darf man die Augen schließen und ist dann auf einmal bei Gott. Die Musik kennt keine Grenzen und ist damit die Sprache aller Menschen und verbindet sie dann auch alle mit allen. Und so hat auch Rainer Maria Rilke geschrieben:

 

Musik: Atem der Statuen. Vielleicht:

Stille der Bilder. Du Sprache wo Sprachen

enden. Du Zeit,

die senkrecht steht auf der Richtung vergehender Herzen.

 

Heute, liebe Gemeinde, können wir dankbar sein, dass wir die Musik haben. Das Corona-Virus hat es nicht geschafft von uns die Musik weg zu nehmen. Vielleicht dürfen wir heute nicht singen. Aber ist das nicht okay? Wenn wir singen werden wir Worte brauchen. Die Worte helfen uns um die Musik zu uns, zur Erde zu ziehen. Die Worte machen die Musik begreifbar. Lassen wir aber heute die Musik uns erheben, zu sich nach oben ziehen, auch ohne Worte, ohne Gesang. Und so ist es auch im Text beschrieben: Die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele und des Gesanges wurde so gehört, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn. In diesen festlichen Momenten waren die Menschen vereint. Manchmal habe ich auch so ein ähnliches Gefühl, dass Menschen vereint sind, wenn ich verschiedene feierliche Ereignisse besuche, wo viele Menschen friedlich und freundlich zusammenkommen, auch wenn diese Ereignisse keinen besonderen religiösen Charakter haben. Ich würde heute nicht zögern zu sagen, dass auch diese Momente die Menschen zu Gott näherbringen.

 

Im Zusammenkommen und in der Verbundenheit der Menschen ist Gott gegenwärtig. Und so lesen wir im Predigttext, dass Gott durch eine Wolke da ist; eine Wolke, die den Dienst der Priester hindert, „sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke“.

 

Wir Menschen, wie diese Priester, machen unseren Dienst und oft erscheint es uns, als ob unser Dienst, unser Beruf, unzerbrechlich, unverderblich wäre. Die Wolke hat es aber verhindert, dass die Priester so weiter machen wie sie machen wollten und planten. Irgendwie hat die Wolke die Pläne der Priester verwirrt. Als ich über diese störende Wolke nachgedacht habe ist mir das Virus eingefallen. Das Corona-Virus stört auch unser Leben und unsere Pläne heute. Viele Menschen können nicht mehr so leben wie sie sich gewöhnt haben und dies beunruhigt sie. Ist es aber nicht manchmal gut, dass unsere Pläne gestört werden, einmal die Dinge nicht tun zu müssen wie wir diese gewöhnlicherweise tun? Oft fordern uns unsere Beschäftigungen so sehr, dass wir in diesen Aufgaben versinken. Wir wollen alles planen und organisieren können, sodass wir auf der sicheren Seite sind, genauso wie wir es heute auch in diesem Gottesdienst machen. Der Predigttext heute sagt uns aber, dass der Herr „im Dunkel wohnen wolle“. Und so fassen die beiden Verse im Kapitel 6 des Buches alles zusammen, was wir heute hören brauchen: „Da sprach Salomo: Der Herr hat gesagt, er wolle im Dunkel wohnen. So habe ich nun ein Haus gebaut dir zur Wohnung und einen Sitz, da du ewiglich wohnest.“ Der Mensch will, dass Gott in einem Haus ewiglich wohnt, so wollte auch der König Salomo, als er den ersten jüdischen Tempel baute. Gott aber will im Dunkel wohnen. Gott ist wie die Wolke, die uns stört. Gott ist aber auch wie die Musik, die trotz aller Störungen und aller Auf-und Abbewegungen uns von allen Tiefen und Höhen des Lebens transzendiert, sodass wir ungestört hören können.

 

Liebe Gemeinde, Gott können wir nicht in einem Haus ewiglich wohnen lassen, wie der König Salomo sich damals gewünscht hat. Denn Gott ist frei, offen wie die Luft, das Licht, wie die Wolke, wie die Musik. Gott ist zu uns in Jesus Christus gekommen und nur in ihm und durch ihn haben wir eine Vorstellung von Gott, als Liebe, als fürsorgliche Zuwendung. In Jesus hat Gott für sich Wohnung genommen. Er ist der wahre Temple Gottes. Und Jesus hat über sich auch gesagt: „Ich bin das Licht der Welt.“ Gott kommt zu uns wie das erleuchtende Licht, wie das Feuer, ihn aber dürfen wir nicht eingrenzen, nicht in einem Haus festhalten und wohnen lassen.

 

Ich wünsche mir und Ihnen, liebe Gemeinde, dass wir auch in der Corona-Zeit, auch wenn vieles nicht wie üblich läuft und wir die Zerbrechlichkeit unserer Pläne aber auch unseres Lebens erfahren, dass wir ungestört die Melodie des Himmels hören, dass wir selbst ohne Angst und ohne Furcht ein Lobesgesang für Gott werden. Ich schließe meine Gedanken mit einem Gedicht vom österreichischen Dichter Franz von Schober („An die Musik“)

 

Du holde Kunst! In wieviel grauen Stunden,

 

wo mich des Lebens wilder Kreis umstrickt,

 

hast du mein Herz zu warmer Lieb entzünden,

 

hast mich in eine bessre Welt entrückt!

 

 

 

Oft hat ein Seufzer, deiner Harf' entflossen,

 

ein süßer, heiliger Akkord von dir

 

den Himmel bessrer Zeiten mir erschlossen –

 

du holde Kunst, ich danke dir dafür!

 

 

 

Amen.

 

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Mein Herz singt für dich Gott

 

und meine Seele preist dich ewiglich.

 

Und ich merke,

 

ich brauche keine Worte mit dir zu sprechen,

 

keine Worte um zu singen,

 

denn die Worte sind im Herzen geschrieben

 

und die Liedertexte sind durch die Jahre hindurch im Herzen bewahrt.

 

Heute stehen wir vor dir, lieber Gott, als Gemeinde.

 

Wie die Israeliten damals, die die Tempelweihe feierten,

 

haben wir heute auch unsere Gründe diesen Gottesdienst mit Dank und Freude zu feiern.

 

Wir danken dir, Gott, dass wir uns heute in diesem Haus versammeln dürfen.

 

Wir danken dir für unsere Gesundheit und für die Gesundheit und das Wohlergehen all unserer geliebten Menschen.

 

 

 

Wir bitten dich, Gott,

 

sei du mit uns und mit allen Menschen der Welt,

 

gib uns und allen die Kraft,

 

unser Leben dir ganz und gar zu vertrauen.

 

Hilf den Kranken, den Einsamen und den allein Gelassenen,

 

dass sie in dir die Quelle ihres Friedens und Trostes finden.

 

Komm Gott und gib uns

 

ein neues Lied in unseren Mund dich zu loben.

 

Du Gott wollest deine Barmherzigkeit nicht von uns wenden,

 

Lass deine Güte und Treue allewege uns behüten. (Ps. 40, 3,12)

 

Hilf uns allen, in diesen besonderen Zeiten,

 

dass wir uns ganz deiner Stimme anvertrauen,

 

deiner reinigenden Kraft, deine Musik hören können. Amen.