„Wie des Himmels Glanz“

„Wie des Himmels Glanz“

(Daniel 12, 1-3)

 

 

„Zu jener Zeit wird Michael auftreten, der große Engelfürst, der für dein Volk einsteht. Denn es wird eine Zeit so großer Trübsal sein, wie sie nie gewesen ist, seitdem es Völker gibt, bis zu jener Zeit. Aber zu jener Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen. Und viele, die im Staub der Erde schlafen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die andern zu ewiger Schmach und Schande. Und die Verständigen werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“

 

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Am heutigen Ewigkeitssonntag denken wir an unsere Verstorbenen. Wir wollen für das Leben unserer Verstorbenen dankbar sein. Wir wollen Gott dafür danken, dass diese Menschen in unserem Leben waren. Sie haben unser Leben auf die eine oder andere Art bereichert. Wir haben durch sie etwas über das Leben, über Gott, über Liebe und Vergebung, über die Menschen, die Familie und Freunde erfahren. Wir wollen heute dankbar sein nicht nur für die eine oder die andere Gabe, die die verstorbene Person hatte, sondern für das ganze Leben der verstorbenen Person.

 

Wir hoffen, dass unsere Verstorbenen noch mit uns durch die Gemeinschaft der Heiligen verbunden sind. Wir glauben, dass diese Gemeinschaft nicht nur die Lebenden, sondern auch die Verstorbenen umfasst. Obwohl wir uns manchmal fragen: warum wurde ein uns lieber Mensch aus dem Leben gerissen? Wenn wir aber über den Tod unserer Geliebten nachdenken, werden wir in unserem Herzen eine Erleuchtung erfahren, die uns tröstet und uns ermöglicht in unserem Leben weiter zu gehen und den Tod nicht nur als Ende wahrzunehmen. Der Tod hat in sich eine heilsame Kraft trotz aller Schmerzen und Leid, die er verursacht. Wenn wir uns heute an einen Verstorbenen erinnern, merken wir, dass hauptsächlich die guten Werke und Worte des Menschen uns in den Sinn kommen. Irgendwie lassen wir die schlechten Erfahrungen, die mit dem Verstorbenen in unseren Erinnerungen verbunden waren weg und genau das ist die heilsame Kraft des Todes. Daher möchten wir heute auch für die Schwäche, die bitteren Erfahrungen und die schwierigen Zeiten danken, die wir gemeinsam durchlebt haben. Das ist oft während des Lebens eines anderen Menschen nicht so einfach. Mit dem Tod aber vergehen die dunklen Seiten des Lebens und der Mensch leuchtet „wie des Himmels Glanz“ und „wie die Sterne immer und ewiglich“. Obwohl ich es manchmal schade finde, dass wir es nicht schaffen den anderen Menschen während ihres Lebens ihre Schulden zu vergeben; eine Leistung, die bedauerlicherweise nur der Tod vollziehen kann.

 

Der Tod ist weiterhin das Ende der körperlichen Schmerzen und des menschlichen Leids. In einigen Situationen scheint der Tod eine Erleichterung zu sein. Das ist so besonders wenn wir glauben, dass der Mensch nicht nur eine biologische Realität in der Welt ist, sondern wir glauben und hoffen, dass zum Menschsein eine geistliche, spirituelle Realität gehört. Diese geistlich-spirituelle Dimension ist jedem gegeben, auch wenn der Mensch unbekümmert darüber sein ganzes Leben gelebt haben konnte. Das ist, liebe Gemeinde, unsere Hoffnung. Wir hoffen, dass durch den Tod der Mensch die Erfüllung seiner menschlich-geistlichen Realität erreicht. Diese Erfüllung des Menschseins kann sich nie in der Welt ereignen. In der Welt bleibt die menschliche Freiheit und Verantwortung begrenzt. Hier sind wir oft die Opfer der weltlichen Grenzen und unseres eigensüchtigen Selbst. In diesem Sinne ist der Tod eine Befreiung von allen Grenzen und von der Endlichkeit unserer Existenz. Hier, in der Welt, schaffen wir es nicht immer die anderen Menschen zu lieben, ihnen zu helfen, und ihnen Vergebung und Mitgefühl zu schenken. Das haben auch wahrscheinlich unsere geliebten Menschen nicht geschafft. Trotzdem blicken wir sehnsüchtig auf Jesus und hoffen, dass unsere Geliebten durch Jesus errettet und mit ihm auferstehen werden.

 

In der Zeit der Trübsal verspricht der heutige Predigttext Rettung: „zu jener Zeit wird dein Volk gerettet werden… Und viele, die im Staub der Erde schlafen, werden aufwachen … die Verständigen werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die vielen zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“

 

Liebe Gemeinde, die drei Verheißungen, die im heutigen Predigttext stehen, nämlich Rettung, Aufwachen zum ewigen Leben und wie die Sterne im Himmel zu leuchten, können nur in und durch Christus verwirklicht werden. Die Verheißungen des Alten Testaments bleiben unvollständig und durch den freiwilligen Tod Jesu Christi erreichen sie ihre Vollendung. Warum sagen wir, dass nur durch Jesus der Mensch errettet werden kann? Deshalb, weil Jesus durch seinen freiwilligen Tod alle Grenzen und alle Endlichkeit bewältigt hat. Die Schwäche die wir alle teilen, das eigensüchtige Selbst welches Opfer wir alle sind, auch die Verstorbenen, hat Jesus durch seinen Tod bewältigt. Seine Liebe war grenzenlos und seine Vergebung hat alle Menschen einbezogen. In Jesus erfahren wir die Kraft der Liebe, den Glanz der Freiheit und die Überwindung des Todes. Das ist die Bedeutung des liturgischen Lieds zu Ostern: „Christus ist auferstanden von den Toten, mit Seinem Tod hat Er den Tod besiegt, und denen, die in den Gräbern waren, das Leben geschenkt.“

 

Auf diese Weise sagen wir, nur wenn der Mensch den Tod akzeptiert, den Tod eines anderen Menschen aber auch seinen eigenen Tod, nur dann erfährt er die versprochene Rettung, einen Funken der Ewigkeit in der Welt hier und jetzt. Jesus hat den Tod akzeptiert. Er hat keine Kompromisse geschlossen. Wenn wir Jesus auf dem Weg folgen, werden wir auch leuchten, im Tod so auch im Leben. Wir werden leuchten, wie des Himmels Glanz, wie die Sterne immer und ewig.

 

Liebe Gemeinde, wir dürfen heute den Tod nicht nur als Ende, sondern auch als einen neuen Anfang wahrnehmen, als einen Weg, der zum Leben und zur Hoffnung führt. Wir dürfen heute vertrauen, dass unsere Verbindung zu unseren Verstorbenen nicht abgerissen wird, sondern sie werden für uns immer wie die Sterne leuchten. Sie werden leuchten besonders in den dunkelsten Zeiten unseres Lebens. Dann werden wir auch glauben, dass die, die im Staub der Erde schlafen zum ewigen Leben aufwachen. Jesus hat gesagt: „Auch ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.“ … „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16, 22, 33) Amen.