Das Gesetz des Geistes

 

Das Gesetz des Geistes

(Taufgottesdienst mit Abendmahl)

(Römer 8,1-2. 10-11)

 

So gibt es jetzt keine Verdammnis mehr für die, welche in Christus Jesus sind, die nicht gemäß dem Fleisch wandeln, sondern gemäß dem Geist. Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.

Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen. Wenn aber der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird derselbe, der Christus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt.

 

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„Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht“. Aber was ist mit dem Gesetz des Geistes des Lebens gemeint? Üblicherweise sagen wir, dass der Geist frei ist, frei auch vom Gesetz. Wieso spricht Paulus dann hier vom Gesetz des Geistes? Wie können wir das verstehen? Paulus verwendet diesen Ausdruck, um das Gesetz des Geistes dem Gesetz des Mose gegenüberzustellen. Dabei beschreibt er das Gesetz Mose als Gesetz der Sünde und des Todes, als Gesetz des Fleisches. Diesen Widerspruch erklärt er etwas später im Text: „Denn das Trachten des Fleisches ist Tod, das Trachten des Geistes aber Leben und Frieden.“ (8:6)

 

Liebe Gemeinde, unter dem Aspekt „Gesetz des Geistes“ möchte ich heute drei Eigenschaften betrachten, die Paulus in seinem ersten Brief an die Korinther als die Gaben des Geistes beschreibt. Dort schreibt er, dass Glaube, Hoffnung und Liebe drei Gaben des Geistes sind, und dass darunter die Liebe die Größte ist.

 

Glaube! Wir glauben, liebe Gemeinde, durch den Geist. Durch den Geist vertrauen wir, dass unser Leben und das Leben derer, die wir lieben, in den Händen Gottes liegt. Kein menschliches, kein weltliches Gesetz kann uns solches Vertrauen schenken. Wir glauben im Geiste, dass es einen Gott hinter der ganzen Schöpfung gibt, einen Gott, den wir nicht beweisen können, den wir nicht sehen können. Aber dennoch glauben wir und wollen darauf vertrauen, dass derjenige, der uns das Leben geschenkt hat, auch für uns sorgen wird, nicht nur in der Zeit des Wohlergehens, sondern auch in der Zeit der Not, nicht nur im Leben, sondern auch im Tod. Denn der Geist ist dem Tod nicht unterworfen. Heute in diesem Gottesdienst kommt der Glaube, liebe Gemeinde, deutlich zum Ausdruck. Denn die Taufe ist das deutlichste und stärkste Zeichen für den Glauben. In der Taufhandlung glauben der Täufling oder seine Eltern, aber auch wir alle als Gemeinde, dass durch die Taufe der selbstbezogene Mensch mit all seinen Sünden und Fehlern stirbt und ein neuer Mensch im Geist geboren wird. Diese Verwandlung im Geist ist nicht nur am Tag der Taufe, sondern für immer wirksam. Deshalb kann man sich auch nur einmal taufen lassen. Durch die Taufe nähern wir uns dem Tod und der Auferstehung Jesu Christi im Geist. Damit er heute mit uns lebt, in unseren Herzen. Wann immer wir beten: Komm Jesus und sei mit uns, schenke uns neues Leben, schenke uns Kraft und Hoffnung, glauben und vertrauen wir darauf, dass sein Geist uns immer begleitet und bestärkt. An dieser Zusage der Taufe dürfen wir im Leben immer festhalten und uns an unsere Taufe erinnern. In diesem Sinne stehen Glaube und Taufe am Anfang unseres Weges mit Gott. Etwas geschieht in unserem Leben und wir erkennen, dass wir Gott brauchen, dass wir unser ganzes Leben mit Gott leben wollen. Und in diesem Sinne ist der Glaube dieses Vertrauen im Herzen, Vertrauen im Geist, dass wir Gott brauchen und dass er bei uns ist.

 

Paulus erwähnt dann die Hoffnung als die zweite Gabe des Geistes. Wir können die Hoffnung als eine rein geistige/spirituelle Gabe verstehen, die uns auf dem Weg des Glaubens begleitet. Wir hoffen durch den Geist, dass Gott uns nie verlassen wird, und dass andere Menschen uns irgendwann verstehen werden. Somit ist die Hoffnung, die uns der Geist schenkt, eine Hoffnung auf die Versöhnung mit Gott und mit anderen Menschen. Konkret heißt das: Selbst, wenn ich in meinem Leben Konflikte mit Menschen habe, vielleicht mit Kollegen oder Verwandten, selbst wenn ich Gott in meinem Leben nie wahrgenommen habe und nie bereit war, Gott zu vertrauen oder an Gott zu glauben, gilt die Hoffnung auch für mich, die Hoffnung auf Versöhnung mit Gott und mit Menschen. Das ist die Hoffnung, dass andere Menschen und ich in der Gegenwart Gottes zusammenkommen, sodass die Zerrissenheit zwischen uns beseitigt und ausgeglichen wird.

 

Diese Hoffnung kommt im Bild des Abendmahls zum Ausdruck. Am Tisch Christi haben alle Platz, auch diejenigen, die ihn einmal verleugnet oder verraten haben. Alle sind an Christi Tisch willkommen. Keiner ist ausgeschlossen. Kein Umstand kann uns daran hindern, unseren Anteil an diesem Tisch zu haben. So offenbart die Feier des Abendmahls die Gerechtigkeit Gottes, die auch eine Gerechtigkeit im Geiste ist. Nicht unsere Gerechtigkeit, nicht die Gesetze dieser Welt, sondern die Gerechtigkeit Gottes ist unsere Hoffnung. Das Gesetz Gottes ist Geist und Liebe. Im Gegensatz dazu ist die Gerechtigkeit dieser Welt immer einseitig und fehlerhaft, denn kein menschliches Gesetz kann allen Menschen gerecht werden. Erst wenn wir vor Gott stehen, erhalten wir unseren Anteil ganz und gar im Geiste. Auch heute, wenn wir das Abendmahl feiern, bekommen wir Brot und Wein. Sie sind unser Anteil am Leben und Sterben Jesu Christi, damit auch wir so leben und lieben, wie er gelebt und geliebt hat. In diesem Sinne offenbart das Abendmahl die Wahrheit der Kirche, nämlich dass sie eine Gemeinschaft im Geist ist. Wenn wir uns in der Kirche zu Gottesdiensten versammeln, gemeinsam beten und singen, tun wir das, weil wir dies als Gemeinschaft und im Geist tun wollen. Nicht allein, zu Hause, sondern mit anderen zusammenkommen und in der Gegenwart Gottes beten. Die Gemeinschaft ist die Hoffnung und die Zukunft der Kirche. Und das drücken wir im Glaubensbekenntnis aus: „Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen“.

 

 

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe.“ (1.Kor.13,13) Warum ist die Liebe das Größte? Vielleicht könnte man einfach sagen, weil derjenige, der liebt, auch glaubt und auch hofft und dies im Geiste tut.

Die Liebe schließt sowohl den Glauben als auch die Hoffnung ein. Wir können die Liebe heute vielleicht auf diese Weise verstehen: Die Liebe ist alles und nichts. Die Liebe gibt alles, so dass sie nichts für sich selbst zurückhält. Die Liebe ist wie der Geist. Sie wird uns in unseren Herzen gegeben, wie der Geist, der uns bei der Schöpfung durch den Atem Gottes gegeben wurde. Die Liebe ist in jeden und jede von uns gegeben. Sie ist aber trotzdem schwer zu entdecken. Wir können die Liebe lernen, wenn wir das Geben lernen. Ohne den Geist, ohne die Liebe, fehlt uns etwas Wesentliches im Leben, etwas das uns Sinn und Hoffnung schenkt. Es ist der Geist, der uns glauben, hoffen und lieben lässt, und durch ihn sind wir, wer wir sind. In diesem Sinne verstehen wir die Auferstehung Jesu Christi. Jesus lebt heute, weil er lieben konnte. Seine Liebe lebt heute. Und wenn wir lieben, können wir auch auf Auferstehung hoffen. Denn alles erstirbt und vergeht, aber die Liebe stets bestehen bleibt. Man kann auch sagen: Der Glaube ist der Anfang unseres Lebensweges, die Hoffnung begleitet uns auf dem Weg und die Liebe ist das, was von uns bleibt, wenn wir nicht mehr da sind.

 

Das Gesetz des Geistes würde dann, liebe Gemeinde, bedeuten, offen zu sein für die Gaben des Geistes, offen für Glaube, Hoffnung und Liebe, offen für den Ruf des Geistes im Herzen. Ohne den Geist sind wir dem Gesetz „der Sünde und des Todes“ unterworfen, wir sind dem Gesetz des Fleisches, dem Gesetz dieser Welt ausgeliefert. Ohne den Heiligen Geist sind wir der Hinwendung nach oben beraubt, wir sind des Reizes des Himmels, des Funkens der Ewigkeit entzogen. Deshalb beten wir heute: Komm, Heiliger Geist, berühre du unser verborgenes Ich und ziehe uns zu dir. Amen.

 

Lieber Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist,

 

wir sind heute dankbar für diesen Gottesdienst.

 

Wir sind dankbar, dass wir mit Schwestern und Brüdern zu dir kommen dürfen,

 

und dass du uns deine Gegenwart, deine Liebe und deinen Geist schenkst.

 

Wir sind dankbar für die Taufe von Joschua und Ani,

 

sei du mit ihnen durch ihr ganzes Leben.

 

Schenke ihnen Weisheit, wenn sie sie brauchen,

 

Kraft, wenn sie keine haben,

 

Liebe, wenn sie sich allein fühlen.

 

Schenke ihnen, ihren Eltern, schenke uns und der ganzen Welt deinen Geist,

 

der Leben und Frieden ist.

 

Damit wir alle Tage unseres Lebens mit dem Geist wandeln.

 

Wir sind dankbar für die Gabe des Brotes und des Weines

 

und für deine Gegenwart bei uns.

 

Gewähre uns deine Gerechtigkeit und deine Liebe,

 

damit wir andere lieben und deine Gerechtigkeit in dieser Welt ausüben können.

 

Bis die Welt und die ganze Schöpfung sich mit dir vereint

 

und die Kluft verschwindet,

 

zwischen Himmel und Erde.

 

Komm, Heiliger Geist, und mach uns eins mit dir. Amen.