Das Wort, das noch lebt!

 

Das Wort, das noch lebt!

(Lukas 24,13-35)

(Osterfeuer 09.04.2023)

 

 

Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tag zu einem Dorf namens Emmaus, das von Jerusalem 60 Stadien entfernt war. Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschehnissen. Und es geschah, während sie miteinander redeten und sich besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. Ihre Augen aber wurden gehalten, sodass sie ihn nicht erkannten. Und er sprach zu ihnen: Was habt ihr unterwegs miteinander besprochen, und warum seid ihr so traurig? Da antwortete der eine, dessen Name Kleopas war, und sprach zu ihm: Bist du der einzige Fremdling in Jerusalem, der nicht erfahren hat, was dort geschehen ist in diesen Tagen? Und er sprach zu ihnen: Was? Sie sprachen zu ihm: Das mit Jesus, dem Nazarener, der ein Prophet war, … wie ihn unsere obersten Priester und führenden Männer ausgeliefert haben, dass er zum Tode verurteilt und gekreuzigt wurde. Wir aber hofften, er sei der, welcher Israel erlösen sollte. Ja, bei alledem ist heute schon der dritte Tag, seit dies geschehen ist! Zudem haben uns auch einige Frauen aus unserer Mitte in Verwirrung gebracht; sie waren am Morgen früh beim Grab, fanden seinen Leib nicht, kamen und sagten, sie hätten sogar eine Erscheinung von Engeln gesehen, welche sagten, er lebe. Und etliche der Unsrigen gingen hin zum Grab und fanden es so, wie es auch die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber haben sie nicht gesehen. Und er sprach zu ihnen: O ihr Unverständigen, wie ist doch euer Herz träge, zu glauben an alles, was die Propheten geredet haben! Musste nicht der Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? Und er begann bei Mose und bei allen Propheten und legte ihnen in allen Schriften aus, was sich auf ihn bezieht. Und sie näherten sich dem Dorf, wohin sie wanderten; und er gab sich den Anschein, als wollte er weitergehen. Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns, denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt! Und er ging hinein, um bei ihnen zu bleiben. Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, sprach den Segen, brach es und gab es ihnen. Da wurden ihnen die Augen geöffnet, und sie erkannten ihn; und er verschwand vor ihnen. Und sie sprachen zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Weg, und als er uns die Schriften öffnete? Und sie standen auf in derselben Stunde und kehrten nach Jerusalem zurück und fanden die Elf und ihre Gefährten versammelt, die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden, und er ist dem Simon erschienen! Und sie selbst erzählten, was auf dem Weg geschehen war, und wie er von ihnen am Brotbrechen erkannt worden war.

 

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Nach dem Tod Jesu sind die Jünger enttäuscht. Am dritten Tag nach seinem Tod entscheiden sich zwei von ihnen, Jerusalem zu verlassen und ihre Häuser zurückzukehren. Zwei oder drei Jahre lang hatten sie Jesus begleitet. Auf dem Rückweg in ihr altes Leben erzählen sie sich, was in Jerusalem geschehen war und wie Jesus gekreuzigt wurde. Während sie sich darüber unterhalten, kommt der auferstandene Christus zu ihnen.

 

Ein Teil der Wahrheit des Wortes, liebe Gemeinde, hat mit dem Gehen eines Weges zu tun. Wenn wir gehen, lassen wir die Vergangenheit hinter uns und gehen auf die Zukunft zu. Wir sind dann in Bewegung. Wir lassen Unklarheiten, Dunkelheit, Verwirrung und Ungewissheit hinter uns und nähern uns mit jedem Schritt dem Licht, wie die Frauen, die sich am Tag der Auferstehung dem leeren Grab näherten und entdeckten, dass Jesus lebt. Ähnlich wie die beiden Jünger, die sich am gleichen Tag auf dem Weg nach Hause befanden. Auch wir sind heute, in diesen ersten Stunden des Tages, einen Weg gegangen und wurden von einer Art Licht in unseren Herzen begleitet. Vielleicht liegt der Grund darin, dass wir beim Gehen besser denken können. Wir können in Freiheit denken und wollen darauf vertrauen, dass Gott mit uns geht, dass Gott für jede Situation sorgen wird, dass Gott uns einen Ausweg aus allen Konflikten und Schwierigkeiten bereitstellen wird.

 

Ostern hat seinen Ursprung, liebe Ostergemeinde, im Hebräischen Pessach, einem jüdisches Fest, das an die Befreiung den Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten erinnert. Das Fest der Auferstehung, das wir heute feiern, erinnert uns aber nicht bloß an ein Ereignis in der Vergangenheit, an die Befreiung eines Volkes. Die Auferstehung Christi hat auch für uns heute in unserem Leben eine andauernde Befreiungswirkung durch den auferstandenen Christus, und durch das Wort, das heute noch lebt.

 

Heute, liebe Gemeinde, erleben wir die Befreiung als Licht in unseren Herzen. Dieses Licht kommt uns vor allem als das Licht des Wortes in uns entgegen. Das Wort Gottes kommt auf viele verschiedene Arten zu uns. Manchmal lesen wir es in einem Buch, wahrscheinlich in der Bibel. Manchmal kommt das Wort zu uns durch das gepredigte Wort, das das Wort Gottes für uns auslegt, wie es Jesus auf dem Weg nach Emmaus tat. Über den Sohn Gottes sagt das Evangelium, dass er das Wort ist, das im allerersten Anfang war, und dass alles durch ihn, nämlich durch das Wort, entstanden ist.

 

Das Wort, liebe Gemeinde, hat eine befreiende Kraft. Das Wort kann uns aus der Sklaverei führen, aus aller Gefangenschaften befreien und uns neu machen. Wissen Sie, warum das Wort auch heute eine solche Kraft hat? Weil das Wort von seinem Wesen her sowohl den menschlichen Verstand als auch das menschliche Herz durchdringen kann, so dass es sowohl den Verstand als auch das Herz erhellt. Das Licht im Herzen allein würde nicht ausreichen, denn um befreit zu werden, brauchen wir Einsicht. Wir müssen unsere Lebenssituation in den besonderen Zusammenhängen, in denen wir leben, verstehen, damit wir im Leben für uns selbst entscheiden können. Auch der Glaube braucht Einsicht und Verstehen, sonst führt er zu einem blinden Befolgen von irgendwelchen Behauptungen und Regeln, anstatt den Menschen in die Freiheit zu führen.

 

Die Erleuchtung des Verstandes allein würde andersrum für die Befreiung des Menschen auch nicht ausreichen, denn dann würde man zwar vieles verstehen können, aber man würde zum Sklaven seines Wissens und der vielen Definitionen und Vorstellungen werden, die das Wissen mit sich bringt, oder man würde selbst andere versklaven oder missbrauchen wollen, indem man sein Wissen als Machtmittel einsetzt. Somit braucht der Mensch, um befreit zu werden, nicht nur die Erleuchtung des Verstandes, sondern auch die Erleuchtung des Herzens, die Freiheit des Herzens, um Gott und andere in Freiheit lieben zu können.

 

Das ist es, was den Emmaus-Jüngern auf ihrem Weg nach Hause widerfährt. Sie beginnen, im Lichte der gesprochenen und geschriebenen Worte, zu verstehen, was geschehen ist. Aus den Schriften erschließt der Auferstandene den beiden Jüngern das Verständnis, was mit Jesus Christus geschehen ist: Warum musste er leiden und dann am dritten Tag von den Toten auferstehen?

 

Aber damit das Wort gelebt werden kann, brauchen wir, liebe Gemeinde, das Licht im Herzen, und dies geschieht durch das Leben in der Gesellschaft. Wir brauchen Gemeinschaft, wir brauchen Menschen, mit denen wir das Brot teilen, mit denen wir aber auch unsere Erfahrungen teilen, wie das Wort in unserem Leben zu uns kommt und uns befreien kann. Und so lesen wir, dass den beiden Jüngern erst als Jesus mit ihnen zu Tisch saß, das Brot nahm, und es ihnen gab, dass ihnen dann die Augen geöffnet wurden; die Augen des Herzens, und sie erkannten ihn.

 

Das Wort und die Gemeinschaft sind, liebe Gemeinde, der Kern der Kirche und des Glaubens. In diesem Sinne kehren beide Jünger zurück nach Jerusalem und dort fanden sie die Elf versammelt. Liebe Gemeinde, geben Sie das Wort nicht auf, hören Sie das Wort, lesen Sie das Wort und schreiben und sprechen Sie Ihre eigenen Worte.

 

Der Prophet Jeremia beschreibt das Wort Gottes als ein Feuer, das im Herzen brennt. In diesem Sinne wollen wir heute das Feuer betrachten. Wir sind auch eingeladen, etwas von diesem Feuer mit nach Hause zu nehmen. Wenn es erlischt, zünden Sie Ihre Kerzen wieder an, und vor allem lassen Sie das Licht in Ihrem Herzen brennen, damit das Licht des Wortes Gottes immer in Ihrem Leben leuchtet.

 

Das Wort lebt heute noch und wird für immer leben, solange es Himmel und Erde gibt und Leben möglich ist, denn alles ist durch das Wort entstanden und alles wird durch das Wort seine Vollendung erreichen. Amen.